On Tour

Kalavryta – Καλάβρυτα

Von
am
17. Oktober 2020

Bereits vor einem Jahr haben wir einmal Station auf dem Peloponnes gemacht. Damals ganz im Süden, in der Mani. Da wir diesmal weiter im Norden waren, wollten wir uns unbedingt auch die Schmalspurbahn von Diakofto nach Kalavryta ansehen. Soll sie doch eine der schönsten Bahnstrecken der Welt sein.

Sehr faszienierend wie sich der Zug die Schlucht entlang schlängelt.

Von Nafplio aus waren es dann trotzdem noch mal 1,5 Stunden bis nach Diakofto. Aber die Anreise hat sich ausgezahlt. Unsere Tickets für den Zug nach Kalavryta hatten wir schon zuvor online gekauft und somit konnten wir stressfrei den Zug besteigen.

Der Zug fährt in der Vouraikos Schlucht vom am Meer gelegenen Diakofto hinauf nach Kalavryta. Dabei hat man fantastische Einblicke auf den Vouraikos-Fluss, der immer wieder auch mit kleinen Brücken gequert wird. Der „Odontotos“, wie die Bahnverbindung von den Griechen genannt wird, wurde vor 124 Jahren fertig gestellt und hat eine Strecke von 22 Kilometern. Den Streckenverlauf hat die Schlucht vorgegeben und für den Bau wurden hauptsächlich Steine und Bäume aus der Schlucht verwendet.

Entlang der Schlucht verläuft auch der Weitwanderweg E4, der den gesamten Peloponnes durchquert. Es besteht auch die Möglichkeit mit der Bahn bis zur Station „Megaspiläon“ zu fahren, und von dort dann durch die Schlucht (und teilweise direkt auf der Bahnstrecke) wieder retour nach Diakofto zu gehen.

Wir fuhren aber mit der Bahn bis nach Kalavryta. Denn in Kalavryta ereignete sich eine besonders traurige Geschichte des 2. Weltkrieges. Ein Holocaust-Museum und eine Gedenkstätte halten die Erinnerung daran wach. Bisher hatte ich von diesem Ort und der traurigen Geschichte nur aus Büchern erfahren.

Blick auf Kalavryta.

Im Holocaust-Museum, der ehemaligen Schule von Kalavryta, werden die damaligen Ereignisse minutiös dargestellt. Das „Unternehmen Kalavryta“ war als Strafaktion für Überfälle der griechischen Partisanen auf die deutsche Wehrmacht angeordnet worden. Der General Karl von Le Suire ordnete persönlich die Ermordung der gesamten männlichen Bevölkerung des Ortes an.

Am frühen Morgen des 13. Dezember 1943 wurde die gesamte Bevölkerung in die Schule getrieben. Dort wurden die älteren Buben und Männern von den Frauen und Kindern getrennt. Im Anschluss wurden die Männer und männlichen Jugendlichen auf einen Hügel etwas außerhalb der Stadt gebracht und mit Maschinengewehren erschossen. Insgesamt 438 Personen wurden an diesem Tag in Kalavryta getötet. Nur 13 Menschen überlebten, weil sie unter den Körpern der Toten begraben wurden.

Nach der Erschießung wurden die Häuser der Stadt in Brand gesetzte und somit, wie es im Befehl lautete, „dem Erdboden gleich gemacht“.

Am Tag nach dem Massaker konnten sich die Frauen aus der Schule befreien und die leblosen Körper ihrer Angehörigen ins Tal bringen, um sie notdürftig zu bestatten. Auch diesen Frauen von Kalavryta wird an den Gedenkstätten gedacht.

Der Besuch im Holocaust-Museum von Kalavryta und der Gedenkstätte am Hügel, wo die Erschießungen stattgefunden haben, war sehr bedrückend. Aber es ist leider auch ein Kapitel der Beziehungen von Griechenland zu Deutschland und Österreich. Ja, denn auch Österreicher waren an dem „Unternehmen Kalavryta“ beteiligt.

Wer sich näher mit diesem Kapitel der Geschichte beschäftigen möchte, dem kann ich folgende Literaturempfehlungen geben:

„Griechenland unter Hitler – Das Leben während der deutschen Besatzung 1941-1944“ von Mark Mazower (ISBN 978-3-10-403753-0)

„Das Haus unserer Helden – Das Drama von Kalavryta: Versuch einer Annäherung“ Herausgegeben vom Holocaust Museum der Stadt Kalavryta (ISBN 978-960-98036-3-2)

„Zeugenaussagen – Ein Überlebender erzählt“ von Panos Nikolaidis, Herausgegeben vom Holocaust Museum der Stadt Kalavryta (ISBN 978-960-98036-6-3)

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